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"Alte Heerstraße" - frühmittelalterliche Verbindung von Sulzbach über Luhe und Waldheim nach Tachau

 

Betrachtungen über einen historischen Verkehrsweg  

 

 

Abb.: Fuhrwerk um 1390.    

 

Eine Wagenladung (Fuder) bestand aus 2 Erzseideln. Ein Erzseidel war ein Hohlmaß und fasste ca. 120 Liter, was etwa 280  kg entsprach.

Im Jahr 1475 waren im Bereich der Oberpfalz nur für das Eisenhüttenwesen (Erz, Eisen, Holzkohle) 240.000 Fuder, d.h. 1.000 Fuhren täglich, auf den Altstraßen unterwegs.

 

Eigentlich war es eine Auftragsarbeit, die mich nachhaltig den Altstraßen näher brachte. Rupert Herrmann, der Ortsheimatpfleger von Georgenberg, bat mich um einen Vortrag über die „Alte Heerstraße“ für eine Informationsveranstaltung, zu der er alle anliegenden OWV-Zweigvereine einladen wollte. Im Folgenden möchte ich die Schwierigkeiten, Vorgehensweisen und Möglichkeiten der Altstraßenforschung an einigen Beispielen der Alten Heerstraße aufzeigen, mit Schwerpunkten im östlichen Bereich.

 

Karte aus: Michel Hardt, Alte Heerstraße und Letzauer Hochstraße, in OH 3/1958, S. 109-117

    

Anton Dollacker hatte schon 1938 in den Verhandlungen des historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg (Bd. 88) diese Altstraße kurz beschrieben, jüngeren Datums ist eine Abhandlung von Michel Hardt. Trotzdem war die Trasse nicht immer leicht und eindeutig im Gelände zu finden.

Der grobe Verlauf der aus dem Fränkischen über Sulzbach ins Böhmische verlaufenden Fernverbindung erstreckt sich über Sulzbach, Hahnbach, den Süßer Berg, Luhe, Engleshof, Michldorf, Kaimling, Waldau, Untertresenfeld, Waldthurn, Neuenhammer, Georgenberg und Waldheim nach Tachau.

Leider hat sich seit 1958 und noch mehr seit 1938 die Kulturlandschaft der mittleren Oberpfalz gewaltig geändert, die Altstraßen sind vor allem im freien Gelände seither häufig aufgefüllt, von neueren Straßen überbaut oder landwirtschaftlich kultiviert worden. Hilfsmittel zur Auffindung im Gelände sind vor allem topographisches Kartenmaterial aller verfügbaren Zeitstellungen, Luftbilder, Begleitdenkmäler (z.B. Grenzsteine, Bildstöcke, Martern, Kapellen, historische Kultplätze, Schanzen, Burgställe, Befestigungen), auch Flur- und Ortsnamen (Hohe Leite, Am Schanzel, Tresenfeld) und Patrozinien (St. Martin, St. Nikolaus, St. Jakob) u.v.a.

 

 

Abb.: Mutmaßliche Fernwege der Oberpfalz im Frühmittelalter (Ausschnitt), aus: Franz Stark, Verkehrskreuz Oberpfalz, Weidner Heimatk. Arbeiten, Bd. 16/1978, S. 17

   

 

Abb.: D. J. Manske, Sulzbach und sein Umland – Verkehrspfortensituation vom frühen Mittelalter bis heute, in Sulzbach und das Land zwischen Naab und Vils im frühen Mittelalter, Bd. 19 Schriftenreihe Sulzb.-Rosenberg, 2003, S.109

 

 

Die alte Trasse von Sulzbach hinauf zum Galgenberg, vorbei am Lindhof führt über einen Weiherdamm nach Osten. Ein Bildstock zeigt als Wegweiser hinauf zum Frohnberg (Ringwall und Wallfahrtskirche), auf Wald- und Flurbereinigungsstraßen erreicht man bald Hahnbach, einen typischen Straßenmarkt mit Pfarrkirche St. Jakob.

 

Abb.: D. J. Manske, Sulzbach und sein Umland – Verkehrspfortensituation vom frühen Mittelalter bis heute, in Sulzbach und das Land zwischen Naab und Vils im frühen Mittelalter, Bd. 19 Schriftenreihe Sulzb.-Rosenberg, 2003, S.102

    

Abb.: Topogr. Karte L 6536 Amberg, Bayerisches Landesvermessungsamt

      

Schwierig war die Wegfindung vor allem im Bereich Hahnbach – Süßer Berg, hier gehen die Vermutungen der Experten etwas auseinander. Während Michel Hardt (OH 3/1958, S. 111) sich darauf beschränkt, dass unsere Altstraße „nun beim östlichen Ortsausgang Hahnbachs von der Bundesstraße links ab(zweigt) und als einfacher Feldweg in nordöstlicher Richtung weiter zum Süßer Berg“ verläuft, ist Franz Flammersberger entschieden der Meinung, dass der Verlauf zunächst östlich nach Schalkenthan und dann nördlich zum Süßer Berg hinaufzieht. (rote Markierung, Hinweis bei der Veranstaltung in Michldorf am 12.11.2004)

Die Grafik von Prof. Dietrich Manske (D. J. Manske, Sulzbach und sein Umland, S.109) folgt der Version Michel Hardts. (graue Markierung)

 

 

    

Auch im weiteren Verlauf über den Süßer Berg nach Osten weichen die Meinungen etwas auseinander. Flammersberger favorisiert eine nördliche (vorbei an einer hallstattzeitlichen Grabhügelgruppe (Armin Stroh, Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz, Lassleben 1975, Textband, S. 101) Parallele zum „Postweg“ zwischen Baumwirtsmarter und der Nordseite des Bläßleinsbergs (rote Markierung).

Die blaue Markierung folgt den Angaben von Anton Dollacker (Postweg), die violette Markierung wäre ebenfalls denkbar (Eintiefungen w. von Krickelsdorf). Bei einem Feldkreuz östlich von Krickelsberg geht es dann in gerader Linie nach Osten auf die überbaute „Hochstraße“ zu, der wir lange vier Kilometer auf Teer bis Kindlas folgen.

    

Abb.: Altstraßeneintiefung ö. von Neudorf       

 

Nordöstlich von Kindlas überqueren wir die Staatsstraße Hirschau – Weiden, folgen mit der alten Kohlberger Straße auch einem kleinen Teilstück der „Goldenen Straße“, bevor wir nach rechts in einen Forstweg einbiegen. Fast schnurgerade auf der Idealverbindungslinie ohne großes Auspendeln nach rechts oder links führt die „Hohe Straße“ über den Kohlbühl in Richtung Luhe. Die Autobahn zwingt uns, nach rechts auszuweichen, so dass wir vor der Unterführung mit dem „Bistumer Steig/Letzauer Hochstraße“ zusammentreffen und gemeinsam die Luhe überqueren.

 

Abb.: Ausschnitt aus älterer Fritsch-Wanderkarte (Nr. 55), wichtiges Hilfsmittel für Altstraßenforscher, Letzauer Hochstraße ist in ihrem Verlauf noch deutlich im Zustand vor der Flurbereinigung zu erkennen, heute ist der Verlauf weitgehend verschwunden, das Marterl anscheinend versetzt.

    

 

Abb.: Ausschnitt aus älterer Fritsch-Wanderkarte (Nr. 55)

     

 

Ehem. Turmhügel, zerstört im Jahr des europäischen Denkmalschutzes 1975, (s. Gerhard. Zückert, Älteste Burgen, in OH20/1976, Foto S. 32) - mittelalterliche Befestigungen sind Begleitmerkmale von Altstraßen.

„Seinerzeit (905) schenkte König Ludwig das Kind einem gewissen Immo eine Hufe an der Luhe, die vorher ein Slawe namens Gruonkin besessen hatte.“ ( Dieter Bernd, Historischer Atlas von Bayern, Vohenstrauß, München 1977, S. 4) Wo der geschenkte Hof im Tal der Luhe genau lag, wissen wir nicht, aber der heutige Markt Luhe mit der Pfarrkirche St. Martin liegt an einem regelrechten Altstraßen-Stern. Von Süden führte die Magdeburger Straße durch den Ort in Richtung Neustadt a.d. Waldnaab, von Westen kamen Letzauer Hochstraße und Alte Heerstraße gemeinsam über die Naab und bewegten sich nördlich der Luhe nach Osten. Auf einem kurzen Stück, vom „Langen Steg“ verlaufen die drei Altstraßen gemeinsam nach Nordosten, dann zweigt die Magdeburger Straße nach Norden in Richtung Pischeldorf ab, die Letzauer Hochstraße einige Meter danach in Richtung Nordosten und unsere Alte Heerstraße verläuft weiter nach Osten vorbei an Meisthof, Seibertshof und Engleshof  nach Michldorf (Urpfarrei).

Eine weitere Altstraßenvariante lief wohl von Luhe über den Koppelberg (St. Nikolaus), Glaubendorf (Turmhügel), Wittschau nach Waidhaus bzw. Eslarn („das bei den Eseltreibern“ bedeutet, s. Hans-Jürgen Nitz, Mittelalterliche Raumerschließung und Plansiedlung in der westlichen regio Egere als Teil des historischen Nordwaldes, in OH 35/1991, S. 19).

 

 

 

 

(TK 6339 Waldthurn, Bayer. Landesvermessungsamt)

 

 

(Uraufnahme 1843 Pleystein, Revision 1853, Faksimile-Reproduktion Bayer. Landesvermessungsamt München 1989)

 

 

Von Micheldorf geht es über den Hermannsberg nach Kaimling. Kurz nach der Kreuzwegkapelle geht es rechts über die „Hohe Leite“ durch einen in Hecken versteckten Hohlweg ins Kuhntal hinab und dann zum Luheübergang bei der Kirche (früher Holzkapelle mit Glockenturm). Vorbei am Hofmarkschlösschen geht durch einen steilen Hohlweg hinauf zum Elm und geradewegs nach Waldau. Kurz vor dem Wiegenweiher (Senke) geht es steil bergab, links des Wegs sind wieder mehrere starke Eintiefungen festzustellen.

Rechts am Schloss vorbei, diesmal über den Damm des Schlossweihers soll es jetzt zum Schanzel bei Untertresenfeld und dann nach Waldthurn gehen. Die Beschreibung scheint rätselhaft: „…über den Damm des Schloßweihers und über die neue Vohenstraußer Straße. Wir gehen an der Mühle vorbei, die links steht, zum Bahngleis und diesem nach zur nahen Haltestelle. Dort überschreiten wir das Gleis und gehen einen Feldweg nordöstlich weiter, denn dieser ist unsere Altstraße.“ (Michel Hardt, OH 3/1958, S. 116) Der Weg ist verschwunden

 

Vom Schlossweiher in Richtung Höhe 523 kommt man an einem verfüllten Hochweg vorbei, der bald im freien Feld endet und nicht mehr in der Flur erkennbar ist. In gerader Linie steht einsam und weglos auf dem Hang (Höhe 523) eine Baumgruppe mit einem Gedenkstein, den die Freifrau von Imhof für ihren Vater errichten ließ. Geradeaus weiter erreichen wir eine Heckenreihe entlang einer Hangkante, leicht bergab führt ein Hohlweg ins Tal des Löhlbachs, queren dieses zum Schanzel, einem Turmhügel bei Untertresenfeld.

Turmhügelburgen gehören zu den ältesten Burgen des niederen Adels, ihr Typus hat sich im 11. Jahrhundert von Frankreich aus auch in Deutschland rasch ausgebreitet.

 

 

 

 

Ein anzunehmender Wirtschaftshof beim „Schanzel bzw. in „Dresenveld“ oder auch „nidern Dräsenfelt/underm Thräsenfeld“ (= Untertresenfeld neben den damaligen Mitter- und Obertresenfeld, s. Karl Ochantel, Flurnamen um Tresenfeld bei Vohenstrauß, in OH 29/1985, S.114-128) könnte auch Rasthof an der alten Furt des Löhlbachs, wo sich alte Böhmerstraßen kreuzten, gewesen sein. Auch der –feld-Ort Tresenfeld deutet auf eine Funktion als Straßenstation o. Straßenetappenort hin.(s. Hans-Jürgen Nitz, wie Anm. 12, S. 19)

 

 

Die Alte Heerstraße führt nun weiter nach Waldthurn, zwei Flurdenkmäler (Kapelle und Wegkreuz), heute wie damals brauchbare Wegweiser, und das schon erwähnte Ur-Positionsblatt „Pleistein“ lassen den Verlauf in der flurbereinigten Landschaft erahnen. Über Felder bzw. Flurbereinigungsstraßen hoch über der Luhe mit Blick auf die Urpfarrei St. Jakob von Lennesrieth erreichen wir den Markt, Burgort und Altstraßen-Knotenpunkt Waldthurn. Spuren erkennen wir im Gelände erst wieder, als es den Pass nach Neuenhammer zu überwinden gilt, aber dann schon gewaltige. Wo die heutige Staatsstraße sich den Höhenlinien anpasst und mit geringer Steigung den Sattel des Fahrenbergs kurvenreich bewältigt, nimmt die Altstraße in direkter Linie An- und Abstieg. Wo der Wald bei der Steinglohe beginnt, erkennen wir rechts der Staatsstraße mehrere parallele, sehr deutliche Eintiefungen. Bei einem Holzkreuz erreichen wir wieder die Staatsstraße unweit des Waldthurner Langlaufstützpunkts. Gegenüber der Abzweigung nach Oberbernrieth schneidet die Altstraße den Staatsstraßenbogen in direkter Linie bis hinunter zur Bildbuche, einer mächtigen, 3 m hohen Säule. Hier zählen wir im talwärts ziehenden Hang (Eisschellen) bis zu 12 Straßenführungen nebeneinander.

 

 

Abb.: Eingetiefte Altstraßen-Trasse von Neuenhammer zum Rehberg (Foto Peter Staniczek)

 

 

 

Der Zottbachübergang erscheint noch etwas unklar, aber zwischen den beiden Gaststätten „Hammerwirt“ und „Waldschlößl“ geht es steil bergauf in nördöslicher Richtung. Ein noch direkterer, steilerer, weiter nördlich verlaufender Fußweg kommt nicht als Altstraßen-Trasse in Frage, da keine Vertiefungen auf dieser Seite der teilweise gepflasterten alten Verbindungsstraße nach Rehberg zu erkennen sind. Dagegen verlaufen rechts davon sehr tiefe Einschnitte den Berg hinauf, eine Bilderbuch-Altstraße, die am oberen Ende bei der Hammerberg-Gruft ausläuft. Der Kreuzsockel davor soll älter sein und auf Grund lange zurückliegender Kriegsereignisse, bei denen feindliche Reiter eine Rolle gespielt haben sollen, errichtet worden sein. (Chronik des OWV Georgenberg 1981, Kap. 3.5, S. 41)  

Über Rehberg verläuft die Altstraße weitgehend auf der Trasse der Gemeindeverbindungsstraße nach Faislbach und über den Zottbach nach Georgenberg weiter. Über die „Alte Königsstraße“, der Straßenname erscheint etwas hochfliegend, geht es unter dem ehemaligen Burgstall (Armin Stroh, wie Anm. 10, S. 230) nach Osten Richtung Vorder-Waldheim, markiert als „Alte Königsstraße, Alte Heeresstraße, um 1160“, was in keinem Fall zutreffend ist. Beim Wandergrenzübergang Waldheim verlässt die Alte Heerstraße die Oberpfalz und zieht hinüber ins Böhmische. Anreiz genug, auch hier weiterzuforschen.

 

Abb.: Altstraße zwischen Hermannsberg (Michldorf) und Kaimling. Die Altstraße verläuft als Eintiefung versteckt in der Heckenreihe rechts des Baumes (alle Fotos: Peter Staniczek)