Home Nach oben

Blog 

Gästebuch  

 

Peter Staniczek: Die Suche nach der Wüstung Amersreuth

abgedruckt - leider mit verlorengegangenem Fußnotenverzeichnis -  in Streifzüge 27/2005 (S. 106 - 116):

Kaufvertrag von 1368, zwei Güter in Amersreuth betreffend

Bei der Durchsicht der Akten, das Penzach-Waldgebiet betreffend, scheint es um mehr als eine Ödung zu gehen.

So wird ein Kaufbrief vom Jahr 1386 erwähnt[1], laut dessen […] Dobisch zue Waldaw, und mein Eeliche wirtin, unnd alle unnser Erben unnd nachkommen […] redlich verkaufft und zuekauffen haben geben den Erbergen (ehrbaren) weißen Leuten, den Burgern zu Vohendres und der ganzen gemain unsere zwaye guet zue Amersreuth, die da gelegen seind zwischen Dreßwitz unnd zwischen Vohendres umb eine unnd dreißig pfundt pfennig Landtwerung […] und haben geben stoeckh unnd stain, wun und waid, holz, veldt, wiesen und Eckher, ob der erden unnd in der erden, besucht und unbesucht, nichts ausgenommen an geverd […] Der brief ist geben, da man zalt von Christi geburt MCCC Jar und in den sechsundachzigsten Jar an dem nechsten mitwoch vor Miterfasten.

 

Streit um die Oede Amersrieth

In einer Sammlung von Streitfällen aus dem Jahr 1681 wird u. a. eine alte Strittigkeit mit dem kurpfälzischen Amt Burgtreswitz, die Öde Amersrieth wg. 100 Morgen Land betreffend aufgeführt.[2] Demnach kaufte die Gemeinde Vohenstrauß von Tobias von Waldau zwey Oede[3] Höfe zu Amersrieth (welche nach hießiger Meinung und der von Seyfriedt gemachter Landkarte nach, unter den Aßpach an der Straße nach Moßbach gelegen), umb 31 Pfund Pfennig, mit wun, weidt und aller Zugehör p. solcher Copia Kauffbrieffs f. 3 außweiset.

Diese beiden Höfe habe der Markt Vohenstrauß ohne Beeinträchtigung bis 1530 genutzt, dann sei zwischen dem Amt Burgtreswitz und dem Markt Vohenstrauß ein Streit entstanden, dessen eigentliche Ursache nicht mehr nachvollziehbar sei.

Von kurfürstlicher Seite sei 1560 vorgegeben worden, dass zu Amersrieth ehemals 4 Höfe gestanden seien, deren zwei kurfürstlich, die anderen zwei waldauisch gewesen, die letzteren von Vohendres erkauft worden seien. Aus einem Bericht des Vohenstraußer Bürgermeisters und Rats sei nicht genau zu entnehmen, ob Vohenstrauß nur die zwei waldauischen oder aber alle 4 Höfe bekommen habe. Deshalb sei zu urteilen, dass die Kurpfalz an der Öde Amersrieth selbst mit zwei Höfen Anteil gehabt habe, der Streit sei wohl über die Begrenzung dieser Güter entstanden.

Der Bericht von 1681 erwähnt weiter einen Dr. Reichardt, dieser schriebe in in seiner Relation de Ao. 1580 f. 131 die Ursach dieser Controversia allein deme zu, daß man Dreßwitzischer seits dazumal, daßjenige Holtz so nun daß Aspach genandt wirdt, for die Oede Amersrieth gehalten, und weiß von deme, daß Churpfaltz daselbsten auch zwey Höfe gehabt nichts , vermuthlich daß Er die Acta selbsten nicht durchleßen, und seine relatio nur auß der Vohenstraußer Bericht gezogen.

Man wirft also dem Dr. Reichardt vor, er hätte im Jahr 1580 nicht genau recherchiert und sich einseitig nur auf die Berichte der Vohenstraußer verlassen, deshalb auch nichts über die zwei kurpfälzischen Höfe gewusst.

 

Abb.: Ausschnitt aus der Karte von Chr. Vogel von 1600

Zwei oder vier Höfe zu Amersrieth?

Was war nun in besagtem Jahr 1530 passiert, dass sich ein jahrzehntelanger Streit entspannen konnte, der auch 1681 noch nicht zufriedenstellend gelöst war:

[…] so haben sich in ersagten 1530. Jahr dieses entstandenen Stritts halber, die Pfleger zu Floßenbürg und Dreßwitz, Jobst, unnd Georg von Brandt, so Brüder gewesen, zusamen gethan, und wie man Vohenstraußl. Seithe vorgiebt, allein von ambtswegen, und ohne erfolgte Fürstl. Ratification; nach der Churpfl. sage aber, auf special befelch eine Marckung vorgenommen, auch nachgehens auf der Churfl. Rgt. geheiß (wie die Churfl. Räthe sagten, f. 52 b) einige Marcksteine gesetzet, wodurch denen von Vohenstrauß daß Holtz, daß Aspach genandt, zu- waß aber über demselben, biß an daß auch Vohenstraußl. Holtz daß Pensach genandt, liegt, abgemarcket worden.

Die zwei oder auch vier Höfe zu Amersrieth waren also 1530 nicht mehr vorhanden, ja auch die ehemalige Lage der Siedlung bzw. der Güter war unbekannt.

Es ging um ein Stück Land zwischen den Waldungen Aspach und Penzach, welches sowohl die Vohenstraußer als auch die kurfürstliche Seite, d. h. Burgtreswitz, beanspruchten. Pikanterweise waren die Pfleger zu Floßenbürg und Burgtreswitz Brüder, die nun dem Streit durch eine Markung, dem Setzen von Grenzsteinen, ein Ende bereiten wollten. Das Gebiet nördlich der Grenzlinie (Aspach) sollte zu Vohenstrauß gehören, das südlich davon gelegene bis zum Penzach kurpfälzisch sein, was nach Vohenstraußer Lesart zwar von Amts wegen, aber ohne fürstliche Ratification (Zustimmung des Fürsten), erfolgt sei.

Natürlich hätten sich lt. Dr. Reichardt die Vohenstraußer gegen diese Abmarkung beschwert, da sie ihre über 150 Jahre alten Besitzrechte außer Kraft gesetzt sahen und ihnen augenscheinlich über 100 Morgen Land und Hutweide genommen worden waren. Die alten Marksteine seien ihnen noch vor Augen gestanden und erst durch den Pfleger von Dreßwitz entfernt worden, womit sie niemals einverstanden gewesen und gegen die neue Markung vorgegangen seien und dagegen protestiert hätten.

 

 

 

Vohenstraußer Deutung

Schauen wir uns das Schreiben Reichards Die Marckhung Dreswitz contra Vohendres bey Ammersreut betreffent[4] näher an: Ich hab uff dieser Öde Ammersreut den Augenschein eingenommen, und denselben ungefarlich befunden, wie bey gelegter Abriß vermag.

Reichard ist der Ansicht, dass Bürgermaister und Rath zu Vohendres 1386 zway Öde Güter zu Ammersreut erkauft hätten, die bei A bey ainand gelegen sein sollen. Diese Höfe hätten sich mit ihren zugehörigen Gründen hinaberstreckt (bis uff die alte Grenitz wie die vor dem Vertrag von 1544 laut Salbuche gegangen) in den Michlbach bei B (bei der Furt H), von dort über die Loh (D, alte Ammersreuther Gemarckhung, laut des uralten Salbuchs) den Berg hinauf bis an das Penzach (E), welches im Jahr 1542 von der Waldauerin Wittib erkauft worden sei. Die zu den Höfen gehörigen strittigen Grenzsteine seien damals auf der genannten Loh bis an das Penzach gestanden und erst nach Aufrichtung der neuen stain vom Pfleger zu Dreswitz uffgeworffen (beseitigt) worden.

 

Bemerkenswert ist der Hinweis, dass durch diese Rainung (Grenzziehung) dem Fürsten (Pfalzgraf Friedrich von Vohenstrauß) auch die Straße, die von Böhmen und Burgtreswitz herauf durch die Furt bei H nach Vohenstrauß geht, abgegrenzt wurde.

Die Vohenstraußer waren jedenfalls mit der Grenzziehung der beiden Pfleger (Jörg und Christoff, die Prantner, Jörg zu Dreswitz und Christoff zu der Flosserbürg) nicht einverstanden, so dass sich der Streit bis 1681 ohne Revision hinzog.

 

 

Abb.: Mutmaßliche Felder der Öde Amersreuth oberhalb der Ökotopengrenzlage

Durch die Verwendung von Beetpflügen, deren Schar fest eingestellt war und die Scholle nur nach einer Seite wendete, entstanden Wölbäcker. Die Scholle wurde stets zur Mitte des Ackers gekippt, der dadurch in der Mitte aufgewölbt wurde.[5]

 

Treswitzer Deutung

Heiner Aichinger berichtete in den Streifzügen 21/1999 über einen zehnjährigen Holzstreit von 1587 bis 1597 zwischen dem Markt Vohenstrauß, vertreten durch Forstknecht Hannß Gebhard, und dem Amt Treswitz.

Nach Aichinger ging es um ein Stück Wald zwischen Vohenstrauß und Böhmischbruck, welches die Kirche 1386, also über 200 Jahren zuvor, von Dobysch von Waldau gekauft hatte.

Interessant ist die eigens wegen des Streits angefertigte Karte, die die Lage der ehemaligen Siedlung Amasreuth/Amersreuth beinhaltet.[6]

Auf der Karte (oben ist Süden) ist der Ortsname Amasreuth/Amersreuth dreimal zu finden, wobei die Ortsangabe Amersreuth westlich eines Graben so Aspa undAmersreuth schaiden soll in einem Waldstück eingezeichnet ist.

Oberhalb (südlich) einer Grenzlinie, dargestellt durch sechs Grenzzeichen, befindet sich auf Wiesen/Brachland der Eintrag Amasreuth, ergänzt durch die handschriftliche Hinzufügung wohl der Vohenstraußer (Streit-)Partei: Dises Übhermaß so in die 60 oder 70 morgen ist den Vohenstraußischen abgeraint worden.

Eingegrenzt wird das Gebiet durch zwei Wege, links die Straße Vohenstrauß – Burgtreswitz (hier fälschlich die Zielangabe Behamischpruck,[7] oben aber die Angabe hinder disem Perg ligt Burgdreswiz) und rechts der Weg nach dem Penza Holz.

Der Flurname Englmeß deutet schon laut Aichinger auf eine kirchliche Stiftung hin.

Zur Karte von 1580, die wir weiter oben schon kennen gelernt haben, gibt es einige doch einige gravierendere Unterschiede.

Zunächst ist die Grenzsteinziehung der beiden Pfleger bei beiden Karten klar ersichtlich. Aber der Straßenverlauf von Böhmen/Burgtreswitz herauf nach Vohenstrauß ist anders eingezeichnet. Ging die alte Straße zwischen der Siedlung Ammersreut und der neuen Grenzlinie westwärts zur Böhmischbrucker Straße, ein Verlauf, der heute nur noch von einigen Wanderern benutzt wird, so ist auf der neueren Karte die Straße von der Michlbach-Furt nach Vohenstrauß nordwärts eingezeichnet, wie sie auch heute ähnlich als Staatsstraße verläuft.

Bei beiden Karten ist südlich der Abmarkung von 1530 die Siedlung Ammersreut/Amasreuth zwischen den Waldungen Aspach und Penzach eingezeichnet. War aber auf der älteren Karte die Wiese G – Englmeß, Vohendres gehörig – südlich von Amersreut A eingezeichnet, so tauchen auf der neueren Karte die beiden Gemarkungen Englmeß und Amersreuth, getrennt durch einen Graben, so Aspa und Amersreuth schaiden soll, im Gebiet der Waldung Aspa auf. Eindeutig eine Kartenversion, die der Treswitzer Deutung und Rechtfertigung entspricht. Danach wären die beiden Vohenstraußer Güter nördlich der Abmarkung gelegen, die Treswitzer Güter dagegen südlich davon, säuberlich durch die Grenzsteine 1 bis 7 getrennt.

 

Abb.: Plan, zum Rechtsstreit aus den Jahren 1587 bis 1597 gehörend

 

Suche im Gelände

Bei mehreren früheren Begehungen war mir ein Graben aufgefallen, der etwa auf der Höhe des Kinderspielplatzes nördlich des Penzach-Pavillions von der Böhmischbrucker Straße Richtung Burgtreswitzer Straße verläuft und mit Grenzsteinen versehen ist, die auf der Nordseite ein V (für Vohenstrauß) sowie Jahreszahlen (z.B. 1796) tragen. Auf der Rückseite (Südseite) sind nachträglich ein KW (Königlicher Wald) sowie die laufende Nummer eingemeißelt worden. Trotz fortschreitender Verwitterung lässt sich über dem W von KW ab und zu ein (alter?) Querstrich erkennen, der auf ein ehemaliges T zurückzuführen sein könnte. Ob es die Originalsteine von 1530 sind, die nachträglich mit den Daten späterer Markungen versehen worden sind oder ob es sich um neuere Steine, auch Ergänzungen, handelt, wird sich kaum mehr feststellen lassen.

Deutlich sind auf den rechts abgebildeten Fotos Grenzsteine (mit V und 1796) und Graben/Altstraße (?) zu erkennen.

Eine neue Karte bringt neue Erkenntnisse

Im Rahmen der Vorbereitung der Ausstellung historischer Karten des 16./17. Jahrhunderts fand der 2. Vorsitzende des Heimatkundlichen Arbeitskreises Vohenstrauß, Herr Klaus Ibel, eine bisher unbekannte Karte von 1680[8], wohl angefertigt zum Zwecke der Grenzdarstellung des Gerichts Vohenstrauß. Aus ihr geht die Öd Amesriet sehr anschaulich hervor, wohl weil die Karte von den Vohenstraußern in Auftrag gegeben worden sein wird, die natürlich ihre Version hervorgehoben sehen wollten.

Wir erkennen auf der Karte, die erstaunlich genau dem Straßenverlauf von heute entspricht, ein Straßennetz, das auch heute noch existiert:

-          Die RennStras (Alte Heeresstraße) mit der Zolltafell beim Kessinger W(eiher), beim heutigen Neuwirtshaus.

-          Bei der Kühtrifft verläuft in Nord-Süd-Richtung der Böhmisch Bruker weg (die heutige Böhmischbrucker Straße).

-          Südlich der Alten Heeresstraße zweigt davon der Weg uf Alt Treswiz ab (heute Forststraße durch die Waldabteilungen Alte Straße und Obere Hölle).

-          Im östlichen Bereich führt die Straß uf Mosbach von Vohenstrauß in Richtung Mich(e)lbachtal durch das Gottshaus Holtz im Untern Aschbach (heute Staatsstraße nach Burgtreswitz/Moosbach/Eslarn).

-          Sehr deutlich ist zudem eine Landstraßen uf Mosbach eingezeichnet, die vom heutigen Neuwirtshaus (Kessinger W.) nach Südosten verläuft (heute nur noch ein kleiner Waldweg/Steig), bei der Penzach-Hütte die Böhmischbrucker Straße kreuzt (heutige Forststraße in die Höll) und sich schließlich beim Michelbach mit der heutigen Staatsstraße trifft. Sie gehört zu dem Altstraßennetz, das das Reichsgebiet um Main und Donau mit den Nachbargebieten im Norden und Osten, vor allem mit Böhmen und Mähren verband […] Früh handelte es sich dabei um Straßen und nicht nur Saumpfade, wie sie im Bayerischen Wald zu finden waren.[9]  Altstraßen waren Bestandteil der Kulturlandschaft und durchaus interessant für die Besiedelung unerschlossener Waldgebiete.

-          Diese Landstraßen uf Mosbach stellt zugleich auch eine Ökotopengrenze dar, auf die ich nachfolgend noch eingehen werde. Die Ökotopengrenze bezeichnet u. a. die Grenze zwischen Acker- und Weideland. Nördlich dieser Straße sowie westlich des Weg uf Alt-Treswiz sind Felder eingezeichnet, südlich davon Wiesen (Beeren Fleck / Beernflecken / Beerenloh).

 

 

Abb.: StAA Pfalz Sulzbach – Geh. Registratur, Gericht Vohenstrauß 1680

Amersriet – eine mittelalterliche Siedlung in Ökotopengrenzlage

Zum Dorf gehörten sowohl die mit Gebäuden bebauten Flächen als auch der dazu gehörende Wirtschaftsraum. Das Siedelverhalten der Menschen hatte sich seit der vorrömischen Zeit kaum geändert. Man bevorzugte wie schon Jahrtausende zuvor die Lage am halben Hang eines Tales. Hansjörg Küster[10] drückt es folgendermaßen aus: In der dörflichen Siedlung des Mittelalters manifestierte sich die Ölotopengrenzlage: Das Dorf lag arrondiert zwischen dem Ackerland und der Viehweide, zwischen den beiden wichtigen Wirtschaftsbereichen der ländlichen Siedlung. Die bäuerliche Kulturlandschaft ließ sich von einem Dorf in solcher Lage aus am besten nutzen.

 

.Abb.: Restflächen der ehemaligen Siedlung Amersreuth, heute Wiesen. Die sichtbare Wiese liegt oberhalb der sogenannten Ökotopengrenzlage und der ehemaligen Landstraße nach Moosbach. Der Grenzstein zwischen den Baumstämmen rechts gehört zu der umstrittenen Markung

 

Betrachten wir die Karte von 1680 (rechte Karte), so lässt sich als Ökotopengrenzlage die Straßengabel aus der Moosbacher Landstraße (Landstraßen uf Mosbach) und dem Weg uf Alt-Treswiz (Alte Straße durch die Hölle) ausmachen. Ziehen wir nun noch die Beschreibung vom 1681[11] hinzu, nach der zwey Oede[12] Höfe zu Amersrieth […] unter den Aßpach an der Straße nach Moßbach gelegen waren, und nehmen wir an, dass damit die Straßenführung vom Neuwirtshaus her gemeint ist, dann lässt sich die Lage relativ gut eingrenzen.

 

Abb. unten: Beerenflecken, Beerenloh und Beeren Fleck liegen in zwei kleinen Bachtälern, die sich bei der Beerenloh vereinigen und in den Michlbach münden. (Top. Karte 1: 25000, 6340 Vohenstrauß, 1976)

Leider werden wir die genaue Lage der Gebäude nicht mehr rekonstruieren können, auch Ausgrabungen machen wenig Sinn. Die Häuser wurden aus dem Holz des gerodeten Waldes erbaut, Werkzeuge und Gefäße größtenteils aus dem gleichen Material hergestellt, eiserne Gegenstände wurden, weil wertvoll, kaum hinterlassen und wenn, dann sind sie nach mehreren Jahrhunderten oxidiert und verwittert.

Erschwerend für die Lokalisierung kommt noch hinzu, dass sich die Siedlung nicht über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt hat, dass sie vergleichsweise bald öde fiel.

 

Zeugen der Waldauer Siedlungsbestrebungen

Die erste uns bekannte Erwähnung der Ortschaft Amersreuth aus dem Jahre 1368 sagt natürlich nichts über die Gründung aus. Laut Dieter Bernd[13] setzte im 11. Jahrhundert eine neue Siedlungsbewegung ein, die durch die Ortsnamen auf –reut und –richt gekennzeichnet ist. Durch Rodung wurden die höheren Lagen des Oberpfälzer Waldes und des nördlich der Luhe gelegenen Waldgebietes erschlossen, wobei nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob für den räumlichen Siedlungsablauf die Flußläufe von Pfreimd und Luhe oder die neben ihnen verlaufenden Altstraßen bestimmend waren. Diese nach Osten und Norden gerichtete Siedlungsbewegung fand ihren Abschluß erst im beginnenden 13. Jahrhundert.

In dieser Zeit konnten die ehemaligen diepoldingischen und späteren ortenburgischen Ministerialen von Waldthurn und Waldau, die auch Reichsdienstmannen waren, im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert kleinere allodiale Rodungsherrschaften ausbauen. So auch im Gebiet zwischen den Reichsgütern Vohenstrauß und Pleystein und dem Tal der Pfreimd, wo man an den ebenfalls ortenburgischen Ministerialensitz Burgtreswitz und seinen Herrschaftsbereich grenzte.

Eine Reihe von historischen Grenzsteinen zeugt noch heute von diesen Waldauer Siedlungsbestrebungen. Wie groß die Bedeutung dieser steinernen Zeugen als Mosaiksteine der Geschichtsschreibung ist, wird erst dann ersichtlich, wenn sie nicht oder nicht mehr vorhanden sind. Als ich im Schuljahr 1982/83 mit meinen Schülern das Unterrichtsprojekt Marterlweg rund um Braunetsrieth[14] durchführte, waren sechs Grenzsteine mit dem ausgeprägte Waldauer Turm und dem Rautenwappen der Treswitzer Herrschaft bekannt. Siegfried Poblotzki hatte drei davon gekannt und beschrieben[15]. Drei weitere wurden in den folgenden Jahren u. a. im Zuge der Marterlsanierung durch den Braunetsriether Karl Schmidt entdeckt.[16]

 

Während des o. g. Unterrichtsprojektes und danach verschwanden zwei Steine spurlos. Am Standort Thonbühl, 250 Meter unterhalb des Burger-Kreuzes, fanden die Schüler während der Aufnahme nur noch ein größeres Loch. Der Grenzstein musste wohl mit Seilwinde und Unimog/Traktor (?) entfernt worden sein. Der Diebstahl ist bis heute nicht geklärt. Ein zweiter Stein verschwand von seinem Standort zwischen Wilhelmshöhe und Kreisstraße Vohenstrauß/Burgtreswitz. Er stand an der Ecke/Grenze eines Waldstücks, das gerodet und in Ackerland umgewandelt wurde. Oft sind es sog. Heimatfreunde, die sich einen historischen Grenzstein gerne in den Garten stellen. Damit verliert er aber seine Funktion, am neuen Standort hat er keinen historischen Wert als Geschichtszeugnis mehr.

 

Top. Karte 1 : 50 000, Bayern (Nord), Bayerisches Vermessungsamt

 

Abb.: Standort - An der rechten Seite der Flurbereinigungsstraße zum Hartwichshof (abzweigend von der Verbindungsstraße von Braunetsrieth

Das Treswitzer (Rauten-) Wappen zeigt nach Norden, der Turm des Waldauer Wappens nach Süden. Der letzte Träger dieses Wappens verstarb 1545.

 

Standort - In der Flur Kalling am Michelbach südwestlich der Wilhelmshöhe östlich von Vohenstrauß, links des Bachlaufs am Waldrand.

Das Turmwappen (Waldau) schaut diesmal nach Norden, das Rautenwappen (Treswitz) nach Süden.

Einen siebten Stein fand 1994 während eines Spaziergangs zufällig der Kreisheimatpfleger Peter Bantelmann[17] in der Nähe von Altentreswitz am Nordosthangdes bewaldeten Abmannsbühls, weit entfernt von den übrigen Standorten bei Braunetsrieth. Der Standort zeigt , dass die Ausdehnung der Waldauer Güter weit über die Wüstung Amersreuth nach Süden hinausging.

 

Die Oede Damelsdorff auch die Holzwachs Penzach betreffend

Die Aussage von Heiner Aichinger[18], in anderen Urkunden würde Amersrieth auch als Damelsdorff und Damersrieth bezeichnet, kann ich nicht nachvollziehen. Es geht nämlich um einen anderen Kaufvertrag. Dieses Mal verkaufen anno 1542 Georg von Waldau zu Waldau sowie seine Ehefrau Emilia, geb. von Laming, ihre frey Erbeigene Güter, nehmlichen die Oede Damelsdorff, auch die Holtzwachs das Pentzach genannt, wie die Oede und Holtzwachs mit richtiger Marckung vermarcket, und ausgewiesen sind[19], neben weiteren Gütern zu Vohenstrauß, auf deren einem Hannß Reisinger, auf derem anderen Lorenz Wagner sitzt, für 750 Gulden an Bürgermeister und Rat von Vohenstrauß. Die hohe Obrigkeit auf der Öde Damelsdorf und dem Holzwachs behielten sich die Verkäufer vor, der kleine Wildbann sollte an Vohenstrauß fallen. Die Gerechtsame des Gotteshauses zu Lind an zwei Äckern und des Gotteshauses auf dem Vhornberg (Fahrenberg) am Zehnten der Öde Damelsdorf sollte belassen werden. Der Weigel zu Oberlind sollte im Besitz seiner Wiesmahden in der Öde Damelsdorf belassen werden.

Aber schon 1554 beschweren sich Bürgermeister und Rat und Gemeinde Vohenstrauß über Beeinträchtigungen im Pentzach durch die Treswitzer Administration.

Hier ergeben sich nun neue heimatkundliche Forschungsaufgaben:

o         Amesriet/Amersreuth kann man sprachlich sicher nicht mit Damelsdorf in einen Topf werfen. Man kauft die gleiche Öde (1386 und 1542) nicht zweimal.

o         Wo ist die Öde Damelsdorf zu suchen? Auf der Karte von 1680 ist Damelsdorf nicht erwähnt. Möglicherweise liegt diese Wüstung südlicher zur Pfreimd hin.

o         Ist Damelsdorf als „echter“ –dorf-Ort wie beispielsweise Deindorf, Glaubendorf, Rakkendorf, Michldorf u. a. zu vermuten? Könnte dies Siedlungsperiode weiter als bisher angenommen nach Osten vorgedrungen sein?

o         Das Waldgebiet zwischen Vohenstrauß und der Pfreimd wird von zahlreichen Altstraßenrelikten durchzogen. Inwieweit bilden diese Anknüpfungspunkte für Siedlungen?

o         Welche Rolle spielen slavische Ansiedler? Wo wären ihre Siedlungen zu suchen?

o         Hans-Josef Völkl aus Burgtreswitz erwähnt in einer historischen Erzählung ohne Quellenangabe zwei weitere abgegangene Ortschaften im Untersuchungsgebiet zwischen Vohenstrauß und Burgtreswitz: Michelbach und Aiglersreuth. Über den letztgenannten weiß man wenig, über den ersten soviel, dass er aus 7 Höfen bestand. Erwähnt wurden beide Orte zusammen mit vielen anderen erstmals 1335.[20]

 

 

Bemerkung: Alle Zitate wurden kursiv geschrieben (nicht in Anführungszeichen).

 

horizontal rule

[1] StAAm Sulzbacher Akten Nr. 284, Bl. 3 – 8. In dieser Akte 284 gibt es 5 verschiedene Abschriften des o. g. Kaufbriefs, die in Schreibweise und Deutung verschiedentlich etwas differieren. Auf Blatt 8 ist auf der Rückseite der Vermerk: „Neuburg, 12. August Ao. (15)64 durch die von Vohendres hierher geschickt.“ Das Original des Kaufbriefs von 1386 existiert möglicherweise nicht mehr.

[2] Heiner Aichinger, Specification der vornehmsten Strittigkeiten zu Vohenstrauß mit denen benachbarten, Streifzüge 24/2002, S. 3 – 18, StAAm, Amt VOH Nr. 254

[3] Anm.: Man beachte die differenzierte Schreibweise: 1386 heißt es unsere zwaye guet zue Amersreuth, 1681 dagegen zwey Oede Höfe zu Amersrieth.

 [4] StAAm Sulzbacher Akten Nr. 284, Ao 1580

[5] Hansjörg Küster, Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa, C. H. Beck München 1996, S. 127 – 128 u. a.

[6] StAAm Amt VOH Nr. 114, zwischen 1587 und 1597

[7] Anmerkung: Natürlich ist auch die Brücke über den Michlbach eine Brücke nach Böhmen, möglicherweise deshalb diese Benennung.

[8] StAA Pfalz Sulzbach – Geh. Registratur, Gericht Vohenstrauß 1680

[9] Ines Häusler, Der Beitrag des slavischen Siedlungsträgers zur Raumerschließung in der Oberpfalz, in Regensburger Beiträge zur Regionalgeographie und Raumplanung, Band 9/2004, Kallmünz, S. 14

[10] Hansjörg Küster, Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa, München: Beck, 1996, S. 176/177

[11]  StAAm, Amt VOH Nr. 284, s.a. Anm. 3 und 4

[12] Anm.: Man beachte die differenzierte Schreibweise: 1386 heißt es unsere zwaye guet zue Amersreuth, 1681 dagegen zwey Oede Höfe zu Amersrieth.

[13] Dieter Bernd, Historischer Atlas von Bayern, Bd. 39 Vohenstrauß, München 1977, S. 9

[14] Peter Staniczek, Marterlweg rund um Braunetsrieth, in BFO (Beiträge zur Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz, 1984, S.26 – 32, s.a. in Schönere Heimat, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e. V., 1984/Heft 1, S.273 - 274

[15] Siegfried Poblotzki, Alte Grenzsteine bei Braunetsrieth, in OH (Oberpfälzer Heimat) 19/1975, S. 160 - 162

[16] Der neue Tag vom 03.09.1980, Sechs Grenzsteine stehen um Braunetsrieth

[17] Peter Bantelmann, Wappenstein auf dem Abmannsbühl bei Altentreswitz, in BFO 19/1996, S. 82 - 83

[18] Heiner Aichinger, Specification der vornehmbsten Strittigkeiten zu Vohenstrauß mit denen benachbarten, Sammlung von Streitfällen aus dem Jahr 1681, in Streifzüge 24/2002, S. 3 u. 6

[19] StAA Nr. 2008 u. 2136; außerdem Bestand Beziehungen zu Pfalz-Neuburg Nr. 309 / Prod. 15

Quellen sind die Abschrift einer Urkunde von 1542, die beim Brand 1763 in Vohenstrauß vernichtet, jedoch 1766 wieder hergestellt und von der Regierung Sulzbach unter dem 1.VII.1766 mit Siegel beglaubigt wurde. Dabei wurde wohl irrtümlich eine zweite Urkunde, den Kauf des großen Feldbauzehnten eines Baumgartens durch den Markt Vohenstrauß betreffend, eingefügt. Beide Vorlagen stammen von 1568. Die vorliegenden Abschriften wurden vom Landrichter Haunold angefertigt.

Schreibweisen: Damelsdorff, Damelßdorff, Tamelsdorff,

[20] Hans-Josef Völkl, Vor 570 Jahren, in Die Oberpfalz, 86/1998, Lassleben, S. 213 – 215, Dieter Bernd (Hist. Atlas, Voh., S.42) erwähnt als Zugehörungen zur Burg Treswitz aus einem Verzeichnis von 1335 die abgegangenen Ortschaften Michelsbach u.a.