Peter Staniczek

 

 

Die Zeit der Romantik

 

Bettina von Arnim (1785 - 1859), der neue Fünfmarkschein,[1]

Johann Nepomuk Ringseis und Vohenstrauß

 

 

 

„Für mich ist Bettina von Arnim die Schönste“, soll sich Bundespräsident Richard von Weizsäcker anlässlich der Vorstellung der neuen deutschen Geldscheine (vor Einführung der Euro-Währung) spontan geäußert haben.

Wer ist Bettina von Arnim, dass sie als kulturgeschichtlich so bedeutende Deutsche gilt, wert den neuen Fünfmarkschein zu zieren?

 

 

Bettina von Arnim und die Zeit der Romantik

 

Bettina von Arnim ist eine der fesselndsten Frauengestalten des 19. Jahrhunderts. Ihre Biographie liest sich zunächst wie eine Literaturgeschichte der Romantik. Sie ist die Schwester von Clemens Brentano (1778 - 1842), lernt dessen Studienfreund Achim von Arnim (1781 - 1831) kennen und lieben. Sie zählt zum Kreis der „Berliner Romantik", verklärt ihre Beziehungen zu Goethe später in "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde". 1811 heiratet sie Achim von Arnim, wird siebenfache Mutter und beginnt nach zwanzig Ehejahren ein zweites Leben.

 

Während der Choleraepidemie 1831 engagiert sie sich für soziale Hilfsmaßnahmen. Karl Gutzkow, einer der bekanntesten Vertreter des "Jungen Deutschland" (deren Schriften 1839 verboten werden), bezeichnet sie als „kühne Vorrednerin“ der Opposition im Vormärz. Sie setzt sich für die Göttinger Sieben (u.a. Jacob u. Wilhelm Grimm) ein, die 1837 von König Ernst August von Hannover entlassen werden, weil sie gegen die verfassungswidrige Aufhebung der Landesverfassung Einspruch erhoben hatten. Ihre Anliegen sind sowohl die schlesischen Weber als auch die Debatte um die preussische Verfassung, sie pflegt Freundschaft mit polnischen Revolutionären, bemüht sich um die Opfer des ungarischen Freiheitskampfes.

„Ich weiß, was ich bedarf! Ich bedarf, daß ich meine Freiheit behalte.“ Nichts zeigt besser ihren unbedingten Willen zur Selbständigkeit, ihren Freiheitsdrang, sie überspringt die Konventionen ihrer Zeit, immer angefochten und streitbar, aber auch fähig zu tiefen Freundschaften und von vielen verehrt.

 

 

Bettina und Johann Nepomuk Ringseis (1785 - 1880)

 

Im Jahre 1808 reist Bettina mit ihrem Schwager, dem großen Rechtsgelehrten Karl Friedrich von Savigny und ihrem Bruder Clemens Brentano nach München, wo sie bei dem damals sehr berühmten Hofkapellmeister Peter von Winter ein intensives Musikstudium aufnimmt, und später nach Landshut, wo Savigny einen Ruf an die Universität angenommen hatte. Hier schließt sie u.a. Freundschaft mit dem Theologen und späteren Regensburger Bischof Johann Michael Sailer und den Brüdern Johann Nepomuk und Sebastian Ringseis, jungen Leuten, die noch unter den aufklärerischen Reformen des Montgelas erfüllt sind von der Begeisterung für Natur und Kunst, historische Wissenschaft und christlich-vaterländische Erneuerung.

 

Ingeborg Drewitz schreibt in ihrer Biographie:

 

„Ihr (Bettinas) lebenslanger Briefpartner Johann Nepomuk Ringseis gestand später, daß ihn nie "ein zartes Gefühl" an sie gefesselt habe, "wohl aber beseelte mich bald staunende Bewunderung über ihre sprudelnde unvergleichliche Genialität, ihren tiefsinnigen Witz, für den sicheren Anstand, womit sie die geniale Freiheit ihrer Bewegung zu begleiten wußte [...] und warme Freundschaft erregte mir die wohlwollende Güte sowie die Rechtschaffenheit ihres Wesens, welcher die etwas zu kühnen, manchmal etwas zu schalkhaften poetischen Lizenzen und dichterisch ausschmückenden Arabesken und Humoresken in ihren Schriften keinen Abbruch taten“.[2]

 

Bettina schilderte ihn in ihren Briefen an Goethe überschwänglich und durchaus schwärmerisch:  

 

„Nepomuk Ringseis, ein treuer Hausfreund, hat ein Gesicht wie aus Stahl gegossen, alte Ritterphysiognomie, kleiner scharfer Mund, schwarzer Schnauzbart, Augen, aus denen die Funken fahren, in seiner Brust hämmerts wie in einer Schmiede, will vor Begeisterung zerspringen, und da er ein feuriger Geist ist, so möchte er den Jupiter aus der Rumpelkammer der alten Gottheiten vorkriegen, um ihn taufen zu lassen.“ [3]  

 

 

 

Johann Nepomuk Ringseis in Vohenstrauß

 

Im strapazenreichen Winter 1813/14 erhält er den Auftrag, das Physikat (Praxis des Bezirksarztes) in Vohenstrauß vorübergehend zu übernehmen. In seinen Erinnerungen erzählt er über das unsägliche Elend in dieser Zeit. 

 

aus Bettina Ringeis: "Dr. Joh. Nep. Ringseis - Ein Lebensbild", Regensburg 1909

 

„Ein österreichischer Gefangener hatte den Kriegstyphus eingeschleppt und ganze Familien lagen davon angesteckt darnieder. Als in Vohenstrauß die Epidemie ein Ende hatte, musste Ringseis in der Gegend seiner Heimat Schwarzhofen Hilfe leisten. Sein Bruder Sebastian, ebenfalls ein junger Arzt, musste im Regensburger Kriegslazarett, wo auch der Typhus herrschte, Dienst tun, und wurde nach vier Wochen, am 9. Februar 1814, selber ein Todesopfer der Seuche. Es gab wenig Hilfsmittel für die Helfer. Ringseis schreibt, dass damals in Ingolstadt bei der Typhusepidemie 13 junge prom. Ärzte und 500 Wärter und Wärterinnen starben.“ [4]

 

Ringseis führt ein bewegtes Leben, nimmt u.a. am Feldzug gegen Napoleon nach Frankreich teil, lässt sich in München als Arzt nieder, gewinnt die Freundschaft des Kronprinzen Ludwig, den er von 1817 an mehrfach als Begleiter und Reisearzt auf seinen Reisen nach Italien begleitet, wird Leiter des gesamten staatlichen Gesundheitswesens in Bayern und Hochschullehrer und Rektor an der von Landshut nach München verlegten Universität.

 

Am 20. Januar 1859 stirbt Bettina von Arnim, nicht ganz vierundsiebzig Jahre alt.

„Ihr Ende war ruhig und sanft und auch das Antlitz der Leiche machte einen beruhigenden Eindruck, indem darauf keine Spur eines schweren Todeskampfes zu erblicken war. Sie ist von der ganzen Familie auf das Gut Wiepersdorf begleitet und daselbst an der Seite ihres Gatten beerdigt worden“, schrieb Savigny an Nepomuk Ringseis. [5]

Damit schließt sich der Kreis der Geschichte um Bettina von Arnim, die neuen Geldscheine und das Rätsel, was das alles mit Vohenstrauß zu tun hat.

 

 

 


[1]  Anm.: gemeint ist der letzte deutsche Fünfmarkschein vor der Einführung des Euro

[2]  Ingeborg Drewitz, "Bettine von Arnim", Goldmann-Verlag, 1989, S. 73

[3]  Sigfrid Färber, "Bedeutende Oberpfälzer", Regensburg 1983, S. 113

[4]  Barbara Bredow-Laßleben, "Aus der guten alten Zeit ...", in "Die Oberpfalz", Laßleben-Verlag, Kallmünz Januar 1954, S. 18

[5]  Ingeborg Drewitz, "Bettine von Arnim", Goldmann-Verlag, 1989, S. 268

 

Eine kurze Biographie von Joh. Nep. Ringseis finden Sie auch unter http://www.bautz.de/bbkl/r/ringseis_j_n.shtml

Verlag Traugott Bautzl, Band VIII (1994), Spalten 380-384, Alexander Loichinger

 

 

 

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